Hat mal jemand versucht, im südlichen Afrika ein Auto zu kaufen bzw. anzumelden? Oder noch besser gesagt, in Namibia? Diejenigen, welche die Frage mit „ja“ beantworten können, wissen, wovon ich spreche, wenn ich sage, dass man es eigentlich nicht beschreiben kann, sondern gemacht haben muss. Sonst glaubt man es nicht.
Der simple Part dabei wart tatsächlich die Beschaffung der Auto selbst. Spannend wurde dabei lediglich der Geldtransfer von Deutschland aus nach Namibia, um dann wieder auf ein deutsches Konto zurück überwiesen zu werden. Warum man nicht gleich auf das deutsche Konto überwiesen hat? Tja, guter Einwand, aber der alteingesessene Deutsch-Namibianer liebt es eben gerne etwas umständlich.
Naja, das Ding war recht schnell in trockenen Tüten. Also ging es daran, das Auto auf mich anzumelden. Und bevor die Fragen kommen. Ja, es gibt so etwas wie ein Straßenverkehrsamt und eine Art TÜV-Derivat. Wenn man einen (weißen) Namibianer drauf anspricht, bekommt man dazu die ungefragtesten Tipps, die man sich für den Umgang mit (schwarz-) afrikanischen Behörden vorstellen kann. Aber ich greife vor.
(Anmerk. d. Verf. : Bei bestimmten Formulierungen erwecke ich vielleicht den Eindruck einer gewisse „Voreingenommenheit“ gegenüber bestimmten Personen oder Ethnien. Dies ist teilweise pauschalisierende Populistik und dient der humoresken Ausschmückung dieses Textes und spiegelt in keiner Form meine wirkliche politische Gesinnung o. ä. wieder. Ergänzend sei gesagt, Sackgesichter kenn ich hier mehr als da.)
Aus eigener Erfahrung und aus bestätigten „Berichten“ weiß ich, dass der moderne schwarze Namibianer Schalteratmosphäre Fetisch gleich vergöttert. Nichts, was im offiziellen Bereich stattfindet, kommt ohne Schalter aus. So natürlich auch nicht das sog. „Straßenverkehrsamt“ von Windhoek. Das einzige übrigens in der Landeshauptstadt. Und wenn man sich dahin auf die Socken macht, erwartet man irgendwie ein anderes Gebäude als ein Flachdachbau der Größe des Sportheims der TSG Bündheim. Aber schön gefliest ist es. Der Boden, die Wände, die Decke. Macht eine super Akustik bei 6 m Raumhöhe. Ergänzt durch zwei unter die Decke geflanschte „Kompakt-Fernseher“, die in enervierender Lautstärke südafrikanische Daily-Soaps in den Raum bellen, macht es dann auch nichts aus, wenn dort mind. 50 Leute quer und wild palavernd die Phon-Stärke kontinuierlich hoch halten. Interessant wird es dann, wenn man dann tatsächlich den Ansatz einer Anstellschlage in Zusammenhang mit den dort anwesenden 16 Einzelschaltern gebracht hat. Wobei anstellen eher sinnfrei ist, weil die Leute vor einem im 20-Sekunden-Takt eh weg gehen, aber dann nach weiteren 20 Sekunden mit 3 aufgeregt gestikulierenden Kumpels sich aus dem Nicht weder materialisieren. Was dann noch drei andere zum Anlass nehmen, sich dazu zu stellen, denn es gibt ja was zu diskutieren und man könnte ja was verpassen. Und so steht man in Nullkommanix in einem Pulk von Menschen und fühlt sich wie die einzige helle Weintraube an einer dunklen Rebe.
Und dann bemerkt man schnell, dass der „Intimbereich“ hier nicht wie bei uns den Raum auf Armeslänge um uns herum meint, sondern man kommt sich gerne näher. Und ich meine wirklich näher.
Beim Ausfüllen von Formularen lehnt sich da schon mal ein völlig wildfremder Typ auf meine Schulter und knipst ein fröhliches Lachen an und schaut „einfach mal so zu“, was man da grad macht. Das Ausfüllen macht man übrigens nicht direkt am Schalter selbst unter den Augen eines völlig genervten Owambo-Beamten, der mit seinen Cousins HINTER der Schalterscheibe über die drallärschigen Mädels drei Schalter weiter fachsimpelt. Nein, man gibt seinen Platz in der Schlange auf und muss an DEN Tisch. Ein Tisch auf dem sich Berge von Kopien von Formularen nach Kindermischtechnik sortiert befinden.
Eigentlich sind die farblich kodiert. Die gelben für Besitzerwechsel. Die blauen für die TÜV-Bescheinigung, der grüne für Nutzfahrzeuge, der rosafarbene für weiß ich nicht mehr.
Und jetzt kommt die erste echte Herausforderung. Man bekommt an einem Schalter – die Kakophonie der Wartehalle im Mittelohr – durch einen Schlitz in der 30 cm dicken Sicherheitsglasscheibe, der sich ungefähr auf Bauchnabelhöhe eines 11-jährigen befindet dezidierte Anweisungen, was man zu tun und zu lassen hat beim Ausfüllen. Pflichtbewusst hält der Mann die farbigen Zettel hoch und man wünscht sich wenigstens Untertitel, den von den Lippen lesen fällt mir selbst bei Deutsch schon schwer. Man nickt am besten und dann hielt ich die Hand vor den Schlitz in freudiger Erwartung die entsprechenden bunten Läppchen zu empfangen. Der Typ schüttelt aggressiv den Kopf und deutet auf DEN Tisch. O.k., o.k., man will ja niemand verärgern, also schlappe ich schulterzuckend zu DEM Tisch.
Ein Blick auf DEN Tisch sagt mir, das wird ein langer Tag. Farbige Formulare mit ganz genau definiertem Zweck machen nur dann Sinn, wenn sie die entsprechende Farbe auch haben. Ich sah nur normale Schwarz-Weiß-Kopien einer Kopie einer Kopie einer Kopie einer Kopie. Der Zweck eines Formulars definiert sich aber leider genau über die Farbe und nicht z.B. durch eine Überschrift, an der man erkennen könnte, wofür dieses „Ding“ ist. Lange Rede, kurzer Sinn. Wie kommt man aus der Nummer raus. Ich habe einfach ALLE ausgefüllt und bin mit einem dezenten Siegerlächeln zurück an den Schalter, an dem sich Truman-Show artig 12 Leute vor mich schoben. Ich stellte mich auf schicke 2 h Warten ein und nahm mir einen der gefühlt 100 Barhocker die Super-G-Tor-ähnlich gerade Gehwege zu verhindern suchten.
Und da demonstrierte der Mann am Schalter (wie gesagt ein Owambo), was die subtilen Mechanismen angewandten Alltagsrassismus bedeuten können. Erwartungsgemäß könnte man auf Revanche am „weißen Mann“ spekulieren. Weit gefehlt. Um seine ungeliebten Mitafrikaner zu düpieren, winkte er mich direkt nach vorne an den Schalter. Vorbei an der Schlange aus Angehörigen der anderen Ethnien Namibias. Ein paar Hereros, ein paar Damaras und ein kleiner Schraubergehilfe von den San. Die Blicke der Herrschaften brannten mir im Nacken und ich wusste augenblicklich, dass die mich just von dem Moment an völlig zum Kotzen finden. Aber was will man machen. Verweigert man sich der Aufforderung des Herrn Beamten und will die anderen vorlassen, hat man richtig verschissen und entweder tauchen GAAANZ plötzlich andere Schalteröffnungszeiten auf oder neue Gebühren oder man wird zig mal zum Neuausfüllen an DEN Tisch geschickt.
Also, ich geh nach vorne, schieb alle meine vollgekritzelten Kopien durch den Glasschlitz und wundere mich, wie weit ein Mensch seine Augen aus dem Kopf hervortreten lassen kann. Ob er rot vor Wut wurde, war mir aufgrund seines Teints nicht ganz möglich, aber die gartenschlauchdicken Vorwölbungen knapp unterhalb seiner Ohren verrieten mir, dass der Mann echt Puls hat. Er überlegte, glaube ich, kurz, ob er mich durch diesen Schlitz zerren sollte und in dem Moment war ich froh, dass es in der Halle laut war und die Scheibe 30 cm dick. Mit Hammerschlagwucht im Unterarm ballert er die entsprechenden Stempel auf die Formulare, kopfschüttelnd protokollierte, unterschreib und füllte er fehlende Punkte aus und bekam weiße Stressflecken auf der Stirn, als ich ihn um eine Quittung für die zu zahlenden Gebühren bat. Mit dem Ergebnis, dass ich irgendwie statt 135 N$ nur noch 65$ bezahlen musste. Wo die Differenz von 70 herkommt? Najaaaaaaa…..man weiß es nicht genau *zwinker*.
Irritierender Weise war ich nach ca. 4 Stunden aus dem „Bau“ wieder raus. Optimistischen Schätzungen ungefragter Ratgeber dauert so ein „Vorgang“ sonst bis zu 4 Tagen. Mein Tipp also. Sich nie anmerken lassen, dass man keine Zeit hätte. Hakuna matada im Blick und ne große Flasche Cola und lässige Anwesenheitspenetranz beschleunigen die Amtsabläufe immens. Die wollen einen dann nämlich so schnell als möglich aus dem Blick haben. Und das geht nur, wenn sie einem den Stempel geben. Bamm! Drauf das Ding und weg den Typen. Ciao.
In diesem Sinne
To be continued…