Oder…..wenn Du für Dein Modell um halb vier morgens aufstehst. Und sie für Dich.
Sonntag, 3 Uhr 30 (nachts) , Anfang Juni, 2014. Es dämmert bereits. Der Himmel verspricht das, was er die Vortage angekündigt hatte. Wolkenfrei und knusprig warm. Kristallklare Luft und morgens um 4 Uhr schon eine Temperatur von 25 Grad.
Verheissungsvolles Wetter und der Sommer zeigte schon mal, was wir von ihm erwarten könnten. Es war ja auch Fussball-WM.
Die Location wartete auf die richtige Gelegenheit. Und das richtige Modell.
Hatte ich zuvor im Auftrag von VW dort schon mal Bilder gemacht, wußte ich um das Potenzial dieser blauen Lagune.
Nun ist so ein Hybrid-SUV sicher für so manchen ein Top-Modell, mein Favorit sieht da definitiv anders aus. Sowohl bei SUVs als auch bei dem Modell, welches ich dorthin nicht mal überreden musste.
Generell ist meine Top-Five mit dem ewigen 2. Platz mit Nikki besetzt. Auch und gerade in der letzten Zeit, wo ich mich mit dem Gedanken in Sachen „Muse“ beschäftigte, blieb und bleibe ich immer wieder bei dieser Lady hängen.
Eher das zwischenmenschliche Unvermögen eines ihrer ersten Fotografen ließ sie förmlich vor meiner Kamera stranden. Selbstbewusst, unverkrampft und eher neugierig als zurückhaltend – und mit einem Körper ausgestattet, der von allen Seiten betrachtet heftig fotogen ist, wurde das Thema Aktfotografie bei ihr ein aktuelles. Nur irgendwie hat’s der gute Herr versaubeutelt. Und ihre Motivation in Sachen Aktfotografie deutlich gebremst.
Jetzt hatte sie aber das Problem, dass ich von ihr Notiz genommen hatte und alleine von einem Foto wusste, dass eine Zusammenarbeit definitiv zu wirklich richtig guten Bildern führen kann. Wieso Problem? Weil ich ihr ein wenig in den Ohren lag. Sonst tatsächlich nicht meine Arbeitsweise, da gerade in Zusammenhang mit Aktfotos mein Motto „Es will wer von sich aus, aber ich werde nicht nachhaken“ war. Zugegebenermaßen wurde ich mir selber in diesem Falle etwas untreu und konnte nicht umhin, ihr in den blumigsten Tönen die Suppe wieder schmackhaft zu machen, die der Hobbyknipser so erfolgreich versalzen hatte.
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Kleiner Einwurf an dieser Stelle. Ich bin ja selten dogmatisch, aber in diesem speziellen Falle schon. Nämlich beim Thema, wie man mit einer Person umgeht in Verbindung mit der Königsdisziplin Aktfotografie.
Sicher gibt es zahlreiche Genres, die wesentlich aufwendiger in Vor- und Nachbereitung sind. Aber kein Genre ist persönlicher mit dem Moment, wo sich eine Person aktiv entscheidet, sich unbekleidet vor einer Kamera zu bewegen. Die Motivation von Modell-Seite darfst Du gerne selber mal im Gespräch erfragen, denn ich persönlich kenne mich zwar doch recht gut mit Menschen aus, aber wirklich hinter die Stirn schauen vermag auch ich nicht. Spekulieren schon, aber dann hört es auch schon auf. Es waren auch schon mal die Motivation vor der Kamera nackt zu sein und mein fotografischer Ansatz nicht unbedingt derselbe. Aber das habe ich erst sehr viel später erfahren. Was mich aber dennoch nicht dümmer machte.
Aus den Gesprächen mit meinem Modellen und durch das Verhalten von Teilnehmern meiner Fotoworkshops, zeichnete sich ein Punkt immer recht offensichtlich ab. Nämlich das Thema Kommunikation. Und vor allem direkte – und noch viel wichtiger – ehrliche Kommunikation. Niemand – und ich meine wirklich – niemand muss sich vor einer Kamera entblättern. Es sei denn, der – oder diejenige hat den ureigensten Wunsch dazu. Als Fotograf kann ich allenfalls abschätzen, ob die Bildidee, der Style oder wie auch immer man es nennen möchte, bei einem Aktbild zündet oder nicht. Bist du nicht vertrauenswürdig – und da steht es keinem zu das einzufordern – bist Du nicht vertrauenswürdig. Joviales Geseiche und Baggerrundfahrten sind völlig fehl am Platze. Und noch ganz wichtig: Wenn man einen Korb bekommt. Füllt man ihn mit Blumen und nicht mit Kacke. Comprende?
Um es also auf den Punkt zu bringen. Benehmt euch! Zu 95% sind es leider die Herren, aber ich habe auch Fotografinnen erlebt, die aus einer arroganten gleichgeschlechtlichen Rechtfertigung heraus mit den Modellen umgingen, wie man mit einem Modell nicht umgeht. Unterm Strich bedeutet es also nur eins. Zwei Menschen verabreden sich, Bilder zu machen. Amen!
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So war ich also damals bei einem meiner zukünftigen Lieblingsmodelle in Zugzwang. Zum einen musste ich beweisen, dass Aktfotografie keine Vorstufe von Love Island ist und zum anderen, dass meine Bilder die Qualität der Dame nicht nur darstellen, sondern auch steigern.
Mich hat mal jemand (weiblich, jung und auf Krawall gebürstet) gefragt, woran ich denn die Qualität eines Modells festmachen würde. In der Frage schwang die Unterstellung schon mit, denn ich hätte das Klischee erfüllen sollen, bei dem es um die Big Five des weiblichen Modell-Körpers ging.
Elefant, Nashorn, Büffel, Leopard und Löwe. Dummerweise ist diese, eine Muse hier, Skorpion. Aber das ist eine andere Sache.
Was macht also diese Qualität aus. Das Machen und das Vertrauen in die Sache. Selbstbewusstsein und Katalysator sein fürs Bild. Und diese Katalyse beginnt mit der Art und Weise sich zu bewegen und in die Bilder zu begeben. Egozentrik ist das Gift für meine Bilder.
Ich hatte mal die „Ehre“ mit einem damals jungen, aufstrebenden Aktmodell zu shooten, welches auf dem Cover des Penthouse zur Ansicht abgedruckt war. Wenn Du meine Bilder ein wenig genauer betrachtest, stellst Du vielleicht fest, dass ganz oft – oder fast immer – der Blickkontakt zum Betrachter fehlt. Keine persönliche Adressierung stattfindet. Keine Einladung. Denn diese Einladung zum Betrachten rutscht – eh man sich’s versieht – in die Botschaft, dass Nacktheit mehr als nur ein natürlicher Zustand sei. Und so habe ich mich letztlich mit dem besagten Covergirl und Ex-Bachelor-Rosenempfängerin darüber entzweit, welches Bild von unserem Shooting nun veröffentlicht werden sollte.
Ihre Auswahl : ICH; ICH; ICH!! ca. 85 Mal.
Meine Auswahl : 1 Bild, dass sie komplett zerrissen hat.
Um welches Bild es sich handelt, beschreibe ich an anderer Stelle mal genauer. Also bleibt aufmerksam.
Natürlich geben gewisse körperliche Attribute eines Modells für mich Anlass, ebendiese in den Vordergrund zu rücken. Und als „alter Tänzer“ spielen die Beine und das was Frau damit macht, eine durchaus bildbestimmende Rolle.
Und diese junge Dame plättete mich mit ihren Beinen und dem krassen Spann, den ich sonst nur von professionellen Tänzerinnen kannte. Sie hingegen hatte mit Tanz so gar nichts an Hut. Völlig unvoreingenommen und natürlich fließt sie in die Bilder. Und bei unserem ersten Aufeinandertreffen war nach ein paar Minuten eine Atmosphäre der Natürlichkeit gewachsen, die jede verkorkste Vorerfahrung annullierte.
Da wurde der Grundstein für eine bis heute andauernde Freundschaft gelegt. Man hat nicht immer engsten Kontakt, auch mal kontroverse Meinungen, aber wenn ist es von ehrlichem Miteinander und viel Humor geprägt. Habe ich sie damals als Anfangzwanzigerin kennengelernt, ist sie nun eine verheiratete Lady….Danke übrigens an der Stellen an ihren Mann, der die Mutter der gemeinsamen zauberhaften kleinen Tochter, demnächst wieder vor meine Kamera lassen muss. Denn die Mutti hat wieder Bock.
Vielleicht liegt es auch mal wieder daran – Achtung, Klischeefalle – dass für sie als Ostmädel unverhüllte Körperlichkeit der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone eine völlig unaufgeregte Sache war.
So war es ihr egal, als ich fragte, ob sie mit mir in die „Blaue Lagune“ kommen wolle. Sie war fast über die Art der Frage erstaunt denn ich unterstellte ihr ja quasi, dass man soetwas nicht mir ihr machen könne. Und was soll ich sagen? Das frühe Aufstehen hatte sich am Ende sehr gelohnt.
Und? Ja, Du hast recht. Diese Bilder sind natürlich anders. Und das war auch genau der Plan. Einfach mal etwas anders machen. Durchaus dann doch mit einer kleinen erotischen Note. Doch wie nicht nur einmal überraschte sie mich mit dem Plan, mal nicht nur im Studio Fotos zu machen. Und nicht nur „Kunst“ zu machen. Sondern eben den Sensor ein wenig abzubrennen.
Und so entstanden – entgegen meinem sonstigen Revier- auch in ihrem heimischen Bad und Schlafzimmer ganz individuelle Porträts einer Frau, die gerne vor meiner Kamera war.
Kleiner, weiterer Einwurf an dieser Stelle. Auch wenn die Dame sinnliches Machwerk präsentierte, währenddessen hätten unsere Gespräche jeden Podcast in Sachen Blödsinn locker sprengen können. Es ist eben nicht immer so, wie es scheint.
„Du hast gesagt, dass dein Modell nicht in die Kamera schaut!“ Ja, stimmt. Aber manchmal eben schon. Denn die Mutti kann auch sexy.
Und wer in brütender Hitze morgens um 5 Uhr am See tobt, der kann auch im übelsten Unterholz mit Highheels durch den Oberharz. Ihre Worte.
Danke für die letzten 10 Jahre. Und ich freue mich jetzt schon auf das nächste Miteinander, deine immer gutgelaunte Art, den rustikalen Ossi-Humor. Und deinen Spann. Danke!